Der Mindestlohn für Arbeitnehmer wurde in Deutschland bereits 2015 eingeführt und der Mindestlohn für Azubis im Jahr 2020. Dieser Artikel wirft einen Blick auf die derzeitige finanzielle Situation Auszubildender und erklärt, was es mit dem Mindestlohn-Gesetz für Azubis auf sich hat.
Wie war die Vergütung für die Ausbildung vor 2020 geregelt?
Zuvor waren die Azubi-Löhne, wenn überhaupt, nur tariflich geregelt. Sprich: Sie unterschieden sich stark, wobei die Grenze nicht nur nach oben, sondern vor allem auch nach unten hin offen war. Wer sich beispielsweise dafür entschieden hatte, eine Ausbildung zum Erzieher zu machen, musste damit rechnen, über die ersten drei Jahre komplett leer auszugehen. Erst im vierten Jahr, dem sogenannten Anerkennungsjahr, fand eine finanzielle Entlohnung statt. Dagegen verdiente man in anderen Ausbildungsberufen bereits ab dem ersten Lehrjahr gutes Geld.
Zu den bestbezahltesten Ausbildungsberufen gehören mitunter die Lehren zum Fluglotsen, zum Polizisten und zum Bankkaufmann. Die Ausbildungsvergütung spielt bei der Berufswahl in den meisten Fällen eine Rolle. Auch wenn für viele angehende Arbeitnehmer, Talent und Interessen wichtiger sind als die finanziellen Aussichten, musste man sich eine Ausbildung zum „Nulltarif“ erstmal leisten können. Ob 900 €, 500 € oder 0 € monatlich abfallen, macht eben doch einen gravierenden Unterschied.
Übrigens: Auffallend sind außerdem die Differenzen zwischen West und Ost. So lag das durchschnittliche Gehalt eines Gärtner-Azubis im ersten Lehrjahr in Westdeutschland bei 745 €, im Osten bei nur 627 €.
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Das Mindestlohn-Gesetz kompakt erklärt
Die Vergütungsreform des Berufsbildungsgesetzes, die von der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) initiiert wurde und Bestandteil des Koalitionsvertrags war, ist mittlerweile umgesetzt. Seither erhalten Azubis in Deutschland einen Lohn, der durch eine feste Mindestvergütung gesichert ist. Die Umsetzung erfolgte schrittweise:
- seit 2020 waren Ausbildungsbetriebe verpflichtet, ihren Lehrlingen einen Mindestlohn von monatlich 515 € zu zahlen.
- seit 2021 wurde die Untergrenze auf 550 € angehoben.
- seit 2022 liegt die Mindestvergütung für Azubis bei 585 €.
- seit 2023 gilt ein Azubi-Mindestlohn von 620 € im Monat.
- 2024 unverändert
Die Vergütungsreform berücksichtigt selbstverständlich auch die weiteren Ausbildungsjahre. Im zweiten Lehrjahr muss der Lohn eines Auszubildenden im Vergleich zum ersten Jahr um 18 % steigen, im dritten Lehrjahr um 35 %. Der angesetzte Mindestlohn soll vor allem Azubis, die in Betrieben ohne Tarifbindung arbeiten, zugutekommen.
Übrigens: Der Beschluss beinhaltet einen sogenannten Tarifvorbehalt. Dieser besagt, dass Löhne nach Absprache zwischen den Gewerkschaften und den jeweiligen Arbeitgebern auch unter die vereinbarte Untergrenze gesenkt werden können, falls sich in gewissen Branchen und Regionen herausstellen sollte, dass die Grenze deutlich zu hoch angesetzt wurde.
Welche Gründe hatten die Mindestvergütung in der Ausbildung bewirkt?
Zum einen ging es bei der Vergütungsreform schlicht und einfach darum, dass die Arbeit, die Auszubildende leisten, wertgeschätzt werden muss, was sich auch im Gehalt spiegeln soll. Schließlich kann sich der Azubi von einem Schulterklopfen nichts kaufen. Zum anderen sollen bestimmte Berufe, beispielsweise das Berufsbild des Erziehers oder des Altenpflegers, attraktiver gemacht werden. Fehlende oder sehr niedrige Gehälter sollen junge Menschen nicht in ihrer Berufswahl einschränken. Natürlich gibt es weiterhin Ausbildungsberufe, in denen man deutlich mehr oder eben weniger verdient. Das wird und soll auch so bleiben. Der gesetzlich festgelegte Mindestlohn sorgt aber zumindest dafür, dass die Schere kleiner wird und jeder Auszubildende ab dem ersten Lehrjahr mit einer annehmbaren Mindestvergütung rechnen kann.
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Kritik an der Mindestvergütung für Auszubildende
Während manche den Mindestlohn für Azubis für einen Schritt in die richtige Richtung halten, der längst überfällig war, hagelt es von anderen Seiten Kritik. Dabei werden hauptsächlich die folgenden Kritikpunkte und Befürchtungen vorgebracht:
- Kritik kommt vor allem seitens des CDU-Wirtschaftsflügels und verschiedenen Arbeitgeberverbänden. Hier wird befürchtet, dass der Mindestlohn im Endeffekt dazu führen wird, dass sich so mancher Betrieb das Ausbilden nicht mehr leisten kann. In der Folge sei damit zu rechnen, dass es künftig weniger Ausbildungsplätze in Deutschland geben wird.
- Weniger Ausbildungsplätze
- Außerdem müsse die schwächere Konjunktur im vergangenen Jahr berücksichtigt werden, die eine derartige Mindestvergütung eigentlich ausschließe.
- Daneben wird das Argument angeführt, dass Ausbildungsgehälter per se nicht dazu gedacht sind, den Lebensunterhalt der Azubis zu sichern. Dafür sind demnach Ausbildungsbeihilfe- und Kindergeldzahlungen vorgesehen.
- Kritik kommt auch aus der anderen Richtung. So findet beispielsweise Verdi, dass der nun beschlossene Mindestlohn für Auszubildende immer noch deutlich zu niedrig ausfällt.
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