Der Mindestlohn für Arbeitnehmer wurde in Deutschland bereits 2015 eingeführt, liegt derzeit bei 9,19 € pro Stunde und ist demnach nichts Neues. Er schließt allerdings nicht alle Arbeitnehmer mit ein. Die Ausnahme stellen unter anderem Auszubildende dar, für die das Mindestlohngesetz nicht gilt. Der Mindestlohn für Azubis wurde 2019 verstärkt zum Thema und hat sich tatsächlich durchgesetzt. Dieser Artikel wirft einen Blick auf die derzeitige finanzielle Situation Auszubildender und erklärt, was sich mit dem Mindestlohngesetz für Azubis künftig ändert.
Autor: Thomas W. Frick, 04.06.2019, Thema: Mindestlohn für Auszubildende
Der Ist-Zustand: Viel, wenig, gar nichts
Bislang sind die Azubi-Löhne, wenn überhaupt, nur tariflich geregelt. Sprich: Sie unterscheiden sich stark, wobei die Grenze nicht nur nach oben, sondern vor allem auch nach unten hin offen ist. Wer sich beispielsweise dafür entscheidet, eine Ausbildung zum Erzieher zu machen, muss damit rechnen, über die ersten drei Jahre komplett leer auszugehen. Erst im vierten Jahr, dem sogenannten Anerkennungsjahr, findet eine finanzielle Entlohnung statt. Dagegen verdient man in anderen Ausbildungsberufen bereits ab dem ersten Lehrjahr gutes Geld. Zu den bestbezahltesten Ausbildungsberufen gehören mitunter die Lehren zum Fluglotsen, zum Polizisten und zum Bankkaufmann. Hier verdienen Azubis im ersten Lehrjahr durchschnittlich zwischen 900 € und 1150 €. Das Ausbildungsgehalt spielt bei der Berufswahl in den meisten Fällen eine Rolle. Auch wenn für viele angehende Arbeitnehmer Talent und Interessen wichtiger sind als die finanziellen Aussichten, muss man sich eine Ausbildung zum „Nulltarif“ erstmal leisten können. Ob 900 €, 500 € oder 0 € monatlich abfallen, macht eben doch einen gravierenden Unterschied.
Übrigens: Auffallend sind außerdem die Differenzen zwischen West und Ost. So liegt das durchschnittliche Gehalt eines Gärtner-Azubis im ersten Lehrjahr in Westdeutschland bei 745 €, im Osten bei nur 627 €.
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Das Mindestlohn-Gesetz: Was ändert sich ab 2020?
Die Vergütungsreform des Berufsbildungsgesetzes, die von der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) initiiert wurde und Bestandteil des Koalitionsvertrags ist, ist beschlossene Sache. Mitte Mai wurde das Mindestlohngesetz für Lehrlinge verabschiedet, das 2020 in Kraft treten soll. Damit werden Auszubildende in Deutschland erstmals einen Lohn bekommen, der durch eine feste Untergrenze gesichert ist. Die Umsetzung soll schrittweise erfolgen: Ab 2020 sind Ausbildungsbetriebe verpflichtet, ihren Lehrlingen einen Mindestlohn von monatlich 515 € zu zahlen. 2021 soll die Untergrenze auf 550 € ansteigen, 2022 auf 585 €. Ab 2023 gilt dann ein Azubi-Mindestlohn von 620 € im Monat, womit das Ende der gesetzlich geregelten Fahnenstange vorerst erreicht ist. Die Vergütungsreform berücksichtigt selbstverständlich auch die weiteren Ausbildungsjahre. Im zweiten Lehrjahr muss der Lohn eines Auszubildenden im Vergleich zum ersten Jahr um 18% steigen, im dritten Lehrjahr um 35%. Der angesetzte Mindestlohn soll vor allem Auszubildenden, die in Betrieben ohne Tarifbindung arbeiten, zugutekommen.
Übrigens: Der Beschluss beinhaltet einen sogenannten Tarifvorbehalt. Dieser besagt, dass Löhne nach Absprache zwischen den Gewerkschaften und den jeweiligen Arbeitgebern auch unter die vereinbarte Untergrenze gesenkt werden können, falls sich in gewissen Branchen und Regionen herausstellen sollte, dass die Grenze deutlich zu hoch angesetzt wurde.
Welche Gründe sprechen für den Azubi Mindestlohn?
Zum einen geht es bei der Vergütungsreform schlicht und einfach darum, dass die Arbeit, die Auszubildende leisten, wertgeschätzt werden muss, was sich auch im Gehalt spiegeln soll. Schließlich kann sich der Azubi von einem Schulterklopfen nichts kaufen. Zum anderen sollen bestimmte Berufe, beispielsweise das Berufsbild des Erziehers oder des Altenpflegers, attraktiver gemacht werden. Fehlende oder sehr niedrige Gehälter sollen junge Menschen nicht in ihrer Berufswahl einschränken. Natürlich gibt es weiterhin Ausbildungsberufe, in denen man deutlich mehr oder eben weniger verdient. Das wird und soll auch so bleiben. Die gesetzlich festgelegte Untergrenze sorgt aber zumindest dafür, dass die Schere kleiner wird und jeder Auszubildende ab dem ersten Lehrjahr mit einer annehmbaren Mindestvergütung rechnen kann.
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Kritik am Mindestlohn Gesetz für Auszubildende
Während manche den Mindestlohn für Azubis für einen Schritt in die richtige Richtung halten, der längst überfällig war, hagelt es von anderen Seiten Kritik. Dabei werden hauptsächlich die folgenden Kritikpunkte und Befürchtungen vorgebracht:
Weniger Ausbildungsplätze
Kritik kommt vor allem seitens des CDU-Wirtschaftsflügels und verschiedenen Arbeitgeberverbänden. Hier wird befürchtet, dass der Mindestlohn im Endeffekt dazu führen wird, dass sich so mancher Betrieb das Ausbilden nicht mehr leisten kann. In der Folge sei damit zu rechnen, dass es künftig weniger Ausbildungsplätze in Deutschland geben wird.
Schwächere Konjunktur
Außerdem müsse die schwächere Konjunktur im vergangenen Jahr berücksichtigt werden, die eine derartige Vergütungsreform eigentlich ausschließe.
Ausbildungsvergütung ungleich Lebensunterhalt
Daneben wird das Argument angeführt, dass Ausbildungsgehälter per se nicht dazu gedacht sind, den Lebensunterhalt der Azubis zu sichern. Dafür sind demnach Ausbildungsbeihilfe- und Kindergeldzahlungen vorgesehen.
Zu niedriger Mindestlohn
Doch Kritik kommt auch aus der anderen Richtung. So findet beispielsweise Verdi, dass der nun beschlossene Mindestlohn für Auszubildende immer noch deutlich zu niedrig ausfällt.
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