Ein Trend, von dem immer wieder gesprochen wird, ist das Homeoffice, also das Arbeiten von Zuhause aus. Der deutsche Arbeitsminister Hubertus Heim versucht im zweiten Anlauf einen Rechtsanspruch auf Homeoffice durchzusetzen. Doch wäre ein solcher Rechtsanspruch überhaupt sinnvoll? Und welche Vorteile bietet das Arbeiten unter diesen Bedingungen? Diese und weitere zentrale Fragen zum Thema werden nachfolgend beantwortet.
Autor: Thomas W. Frick, 15.11.2019, Thema: Homeoffice Rechtsanspruch
Homeoffice – Realität der einen, Wunsch der anderen
Das Arbeitsministerium gibt an, dass derzeit rund 12 % aller Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten. Daneben gibt es unbestätigte Angaben, die den Anteil auf bis zu 40 % schätzen. Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Eindeutig ist dagegen, dass etwa ein Drittel der deutschen Arbeitnehmer, die bislang täglich an ihrer Arbeitsstelle außerhalb der eigenen vier Wände erscheinen müssen, gerne im Homeoffice arbeiten würden. Der Wunsch nach mehr Arbeit von Zuhause aus ist also offenkundig gegeben.
Hinweis: Unsere Berichte sind oft sehr ausführlich. Daher bieten wir an dieser Stelle eine Zusendung des Artikels im PDF-Format zur späteren Sichtung an. Nutzen Sie das Angebot um sich die Praxis-Impulse in Ruhe durchzulesen, Sie können hierfür auch einfach auf das PDF-Symbol klicken.
Die Vorteile der Arbeit im Homeoffice
Die Tätigkeit im Homeoffice bringt ganz klar Vorteile mit sich, auf die wir an dieser Stelle einen genaueren Blick werfen.
1. Kein Arbeitsweg
Der Arbeitsweg fällt komplett weg. Als Arbeitnehmer spart man dadurch Sprit, Zeit und Nerven, der Arbeitgeber muss dafür keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Quasi eine Win-Win-Situation. Wer zu nahezu 100% im Homeoffice arbeiten kann, muss seinen Wohnort zudem nicht aufgrund einer neuen Arbeitsstelle wechseln. Ein Jobwechsel ist demnach flexibler und aufwandsärmer möglich. Weiter wird durch die wegfallenden Pendelfahrten die Umwelt entlastet.
2. Familienfreundlichkeit durch ein Homeoffice
Mütter und Väter sind im Homeoffice stets erreichbar für ihre Sprösslinge und können sich in Ausnahmefällen, beispielsweise im Krankheitsfall, kurzfristig kümmern. Aus diesem Grund wird die Arbeit im Homeoffice immer wieder als besonders familienfreundlich bezeichnet. Allerdings kann es auch zum Verhängnis der Work-Family-Balance führen, wenn man die Erreichbarkeit nicht klar geregelt hat.
3. Flexibler Arbeitsalltag im Homeoffice
Je nach Arbeitsplatz und den dort herrschenden Gegebenheiten kann man sich den Arbeitsalltag begrenzt flexibel gestalten. Sofern man nicht an einen unternehmensinternen täglichen Zeitplan gebunden ist, kann die Arbeit flexibel begonnen und beendet werden. So kann z. B. das Potenzial kreativer Nachteulen oder Leistungsfähigkeit der frühen Vögel in den frühen Morgenstunden noch besser genutzt werden.
4. Individueller Arbeitsplatz
Als Arbeiter im Homeoffice hat man die größtmöglichen Chancen, sich seinen Arbeitsplatz nach seinen individuellen Vorlieben zu gestalten. Man kann sich einrichten, wie man möchte und fühlt sich in seiner gewohnten Umgebung in aller Regel deutlich wohler, als in einem Bürokomplex. Dies kann sich wiederum positiv auf die Leistungsfähigkeit auswirken.
5. Kostenersparnis
Der Arbeitnehmer spart nicht nur durch den nicht benötigten Sprit für den Arbeitsweg, sondern zusätzlich dadurch, dass er seine Mahlzeiten zu Hause einnimmt und in der Mittagspause nicht etwa in die Kantine oder ins nahegelegene Restaurant geht. Aber auch der Arbeitgeber kann sich Arbeitsplatzkosten sparen.
Homeoffice hat auch Nachteile
Trotz allem Lobgesang bringt es auch Nachteile mit sich, im Homeoffice zu arbeiten.
a. Kontrollverlust
Arbeitgeber befürchten, die Kontrolle zu verlieren, wenn ihre Mitarbeiter vorwiegend im Homeoffice tätig sind. Klar: Schließlich kann man ihnen dort nicht auf die Finger schauen. Die Arbeit zu Hause erfordert demnach großes Vertrauen seitens des Arbeitgebers. Dieser muss sich darauf verlassen können, dass der Arbeitnehmer seinen Job auch in den eigenen vier Wänden zuverlässig erledigt. Die Frage stellt sich, ob von einem intakten Arbeitsverhältnis gesprochen werden kann, wenn dieses Vertrauen fehlt?
b. Dokumentation der Arbeitszeiten im Homeoffice
Die Dokumentation der Arbeitszeiten wird durch das Homeoffice logischerweise erschwert. Arbeitgeber müssen den diesbezüglichen Aussagen ihrer Mitarbeiter wohl oder übel glauben und haben meist keine Möglichkeit, sie nachzuprüfen. Arbeitnehmer im Homeoffice haben dagegen oft das Gefühl, durch das fragliche Privileg, zu Hause arbeiten zu dürfen, zum besonders harten und langen Arbeiten verpflichtet zu sein. Um keinen widersprüchlichen Verdacht seitens des Chefs aufkommen zu lassen, arbeiten sie freiwillig länger als gefordert und überarbeiten sich dabei nicht selten. Die Digitalisierung, das Arbeiten in der Cloud und die darin enthaltenden Tools können jedoch heute schon die Herausforderung der Dokumentation lösen.
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c. Trennung von Berufs- und Privatleben
Der „normale“ Arbeitnehmer arbeitet am Arbeitsplatz und verbringt seine Freizeit zu Hause. Wenn der Arbeitsplatz aber dieses Zuhause ist, verschwindet die räumliche Trennung. Man ist quasi immer am Arbeitsplatz und es fällt somit schwerer, Arbeit und Privates zu trennen. Manche Menschen, die im Homeoffice tätig sind, fühlen sich dadurch unter Druck gesetzt, jederzeit für den Chef erreichbar zu sein und schaffen es nicht, diesbezügliche Grenzen konsequent zu setzen.
Tipp: Schaffen Sie nicht nur gedankliche oder zeitliche Grenzen, sondern auch physische Abgrenzungen, indem Sie z. B. auf dem Wohnzimmertisch keine Arbeitsunterlagen platzieren.
d. Selbstdisziplin
Arbeiten im Homeoffice braucht Selbstdisziplin. Es ist leichter, zu geregelten Arbeitszeiten im Büro zu erscheinen, wenn der Arbeitsplatz außer Haus zu finden ist. Im Homeoffice wird das Überwinden des inneren Schweinehunds zur Herausforderung und der Arbeitnehmer muss lernen, sich selbst zur Disziplin zu ermahnen.
Tipp: Simulieren Sie das Ritual des Arbeitsweges durch Morgenrituale wie z.B. Sport oder Weiterbildungseinheiten.
e. Selbstfürsorge
Am „normalen“ Arbeitsplatz existiert eine Regelung bezüglich der Pausen, sodass Arbeitnehmer für gewöhnlich regelmäßig und gezwungenermaßen „Auszeiten“ im beruflichen Alltag nehmen. Dem Mitarbeiter im Homeoffice sagt dagegen niemand, wann Mittagspause ist und wie lang diese zu dauern hat. Der Mitarbeiter muss sich in Selbstfürsorge üben und selbst dafür sorgen, dass er die Pausen bekommt, die er braucht.
Ist ein Rechtsanspruch auf Homeoffice sinnvoll?
Nun bleibt die Frage, wie sinnvoll ein Rechtsanspruch auf Homeoffice wäre. Unsere Meinung: nur wenig. Die Realität sieht nun einmal so aus, dass Homeoffice in vielen Betrieben oft nicht möglich ist. Der Mechaniker hat keine voll ausgestattete Werkstatt zuhause, der Krankenpfleger muss zu den Pflegebedürftigen und nicht andersherum – und der Verkäufer im Lebensmittelgeschäft kann sich schlecht mit einem Bauchladen vor die eigene Tür stellen. Arbeitsminister Heil weiß das selbstverständlich auch und formuliert in seinem Entwurf die Möglichkeit, Heimarbeit aus betrieblichen Gründen abzulehnen. Wenn diese „Hintertür“ – die logischerweise gegeben sein muss – aber besteht, würde der Rechtsanspruch auf Homeoffice vermutlich nur wenige Menschen betreffen. Und ob diese dann überhaupt von Zuhause aus arbeiten möchten oder dies nicht ohnehin schon tun, sei dahingestellt.
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